“Gut finde ich auch, dass unsere Erkenntnisse, die wir bei den Besuchen der Ateliers gewonnen haben, online gestellt werden. So kann die Existenz und die Arbeit der Offenen Ateliers einer Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.”
Wolfgang Sautermeister
Es sind viele Fragen aufgetaucht, die die Perspektiven der ‘Offenen Ateliers’ an sich betreffen. Vor allem interessiert uns, Entstehungsmuster zu identifizieren. Das könnte anderen helfen, weitere Ateliers auf dem Weg zu bringen.
Ulrike Thomann
Vielfalt der Ateliers macht neugierig auf die dort entstehenden Werke und auf die Entwicklung dieser künstlerischen Gruppen
Thomas Röske
Da ich ja selbst seit vielen Jahren ein Atelier für Menschen mit kognitiven, psychischen und physischen Beeinträchtigungen leite, hat es mich sehr interessiert andere mir unbekannte kreative Orte und deren Arbeit kennen zu lernen. Es hat mich beeindruckt, eine solche Vielfalt Offener Ateliers zu erleben.
Wolfgang Sautermeister
Als Kuratorin und Künstlerin freute ich mich enorm darauf zu erkunden, welche Ateliers wir in Baden-Württemberg vorfinden würden. Ich verstand das Projekt als einen Ort des Lernens. Es bot eine außergewöhnliche Gelegenheit, eine schärfere Wahrnehmung für die Vielfalt und die Bedarfe der Kunstwerkstätten und ihrer Werke zu entwickeln.
Ulrike Thomann
Ulrike Thomann
Ulrike Thomann lebt in Freiburg. Die Welt der besonderen Kunstwerksstätten entdeckte sie in Florenz. In der aus der italienischen Psychiatriereformbewegung heraus entstandenen Kunstwerkstatt „La Tinaia“ in Florenz arbeitete die studierte Künstlerin drei Jahr bevor sie den Schulterschluss mit dem Studium der Sozialpsychologie vollzog. Für das von ihr entwickelte jährliche internationale Kunstfestival „Grenzgänger*innen“ in Freiburg unterhält sie rege Beziehungen in der internationalen Kunstwelt. Sie ist Mitglied des „Bündnisses für eine gerechte Kunst- und Kulturarbeit in Baden-Württemberg“.
Wolfgang Sautermeister
geboren in Rottenburg/N., lebt in Mannheim. Einer seiner Schulfreunde hat eine Behinderung. Er geht zunächst ganz verschiedenen Tätigkeiten nach, u.a auf dem Bau und als Waldarbeiter. Angeregt durch die Briefe von Vincent van Gogh beginnt er zu zeichnen und zu malen. Seit 1968 verschiedene Gruppen-und Einzelausstellungen. 1980 gründete er in Mannheim zusammen mit Künstler*innen und Sozialarbeiter*innen den Arbeitskreis „Kunst und Psychiatrie“. Bis heute ist er fasziniert von der Kunst psychisch Kranker und Menschen mit Behinderungen. Er organisiert und kuratiert in diesem Kontext aber auch im Bereich der aktuellen Kunst zahlreiche Ausstellungen Seit 1992 ist er außerdem als Performancekünstler in Deutschland und Europa unterwegs. 1998 gründete er die Malwerkstatt, ein Atelier für erwachsene Menschen mit Behinderung in der Lebenshilfe Bad Dürkheim sowie die Galerie Alte Turnhalle als Ort für künstlerische Projekte und Ausstellungen. 2001 ist er Mitbegründer von zeitraumexit Mannheim, einem Künstlerhaus mit Schwerpunkt auf aktuelle performative Künste. 2018 gründete er zusammen mit Gabriele Oßwald die mixed-abled Performancegruppe „Ensemble Divers“ aus Laien und professionellen Künstler*innen mit und ohne Behinderung. Es entstehen zahlreiche Bühnenstücke.
Thomas Röske
geboren in Reinbek, lebt in Frankfurt am Main und arbeitet seit 2001 in der Heidelberger Sammlung Prinzhorn, seit 2002 als deren Leiter. Er interessierte sich schon in seiner Schulzeit für die Beziehungen zwischen psychischer Krankheit und Kunst, eine Perspektive, die er 1981-1986 im Studium der Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Psychologie an der Universität Hamburg weiterverfolgte. 1991 promovierte er über die gedankliche Entwicklung Hans Prinzhorns. 1993-1999 befasste er sich mit zugehörigen Themen als Hochschulassistent an der Universität Frankfurt. 2015 habilitierte er sich über Kunst aus psychiatrischem Kontext an der Universität Frankfurt. Seit 2012 ist er zudem Präsident der European Outsider Association. Er gibt regelmäßig kunstgeschichtliche Seminare an den Universitäten Frankfurt und Heidelberg
Laura Zettl
Durch ihre Arbeit als Schulbegleiterin für einen Jungen mit Trisomie 21 und der Frage nach der Rolle von künstlerischen Ausdrucksweisen entschied sich Laura Zettl für das Studium der Kunsttherapie in Nürtingen. In ihrem Praxissemester arbeitete sie an einer inklusive Schule in Wien und etablierte ein präventivtherapeutisches Kunstangebot. Nach ihrem Bachelorabschluss zog es Laura Zettl getrieben von dem Interesse an künstlerischer Arbeit in erweiterten gesellschaftlichen und sozialen Räumen nach Frankfurt am Main. Der Master Performative Künste in sozialen Feldern und die Beteiligung an Gruppen-und Einzelausstellungen begleitet sie derzeit bei ihren Forschungsfragen.
Auch auf die übergeordneten Ideale waren wir neugierig. Welche Freiheiten zum kreativen Gestalten haben die Ateliers im Blick? Wie wird Kunst verstanden? Inwiefern spielt das Prinzip der Gleichstellung in der Kunstwelt eine Rolle für die Ausrichtung der Ateliers?
Ulrike Thomann
Tief beeindruckt hat mich die Zahl solcher Offenen Ateliers allein in Baden-Württemberg. Ich hatte nicht damit gerechnet, wie viel Prozent dieses Eisbergs unter der Wasseroberfläche, also unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung liegt.
Thomas Röske
Immer wieder wurde in den Fragebögen berichtet, wie wenig sich die Ateliers gesehen fühlen. Die Kontaktaufnahmen und Besuche vor Ort waren wie ein Auftakt für die Möglichkeit des Austauschs, der Sichtbarmachung der Ateliers und der Kunst von Menschen mit Behinderungen/psychischen Erkrankungen/Psychiatrieerfahrungen.
Laura Zettl
Erstaunlich war für mich, dass uns immer wieder berichtet wurde, wie rechtliche Hürden den Verkauf von Werken der Künstler*innen mit Behinderung einschränken und somit der Zugang zum Kunstmarkt strukturell verhindert wird.
Laura Zettl
Ich würde mir solch eine Recherche unbedingt auch in den anderen Bundesländern wünschen.
Wolfgang Sautermeister
“Besonders überrascht hat mich, wie viele der kreativen Orte und Angebote sich nicht trauen, das Gestalten vor Ort als Kunst zu bezeichnen und ernst zu nehmen. Dadurch wurde für mich der Gedanke, eine Austauschmöglichkeit zu schaffen, umso notwendiger.”
Laura Zettl
“Mich interessieren Offene Ateliers für Menschen mit Psychiatrieerfahrung und/oder kognitiver Beeinträchtigung seit Jahren als alternative Orte künstlerischer Kreativität. Unser Projekt gab Gelegenheit, in die Organismen dieser Werkgemeinschaften Einblick zu nehmen und deren Vielfalt zu entdecken.”
Thomas Röske